Slow Food – Entschleunigung auf den Teller

Die neue Entdeckung der Langsamkeit - die Slow Food-Schnecke.
Die neue Entdeckung der Langsamkeit – die Slow Food-Schnecke.

Was ist Slow Food? – Ein Anglizismus für die alte Erziehungsmaxime „Iss langsam?“ oder sind die Kellner in einem Restaurant, das Mitglied der Slow Food-Vereinigung ist, besonders bedächtig bei der Arbeit? Beides falsch – die Slow Food-Bewegung kommt – wenn wundert es – aus dem Land des guten Essens, aus Italien.

Natürlich geht es auch um Langsamkeit – aber während im hektische Alltag Langsamkeit unerwünscht ist und vielfach als Bremse angesehen wird, ist sie hier beim Essen erwünscht. Denn die Lebensmittel sollen sich alle Zeit der Welt nehmen, um zu wachsen und zubereitet zu werden. Dass entsprechend eine Mahlzeit auch nicht in Eile aber mit viel Genuss und Achtsamkeit eingenommen wird, liegt dabei quasi auf der Hand. Entschleunigung auf dem Teller!

„Verein zur Erhaltung der Esskultur“

Gegründet wurde Slow Food 1986 vom italienischen Journalisten und Soziologen Carlo Petrini als „Verein zur Erhaltung der Esskultur“. Seit 1989 ist Slow Food, international aktiv, in Deutschland trat Slow Food als eingetragener Verein 1992 auf den Plan.

Gründer Petrini trat in den Anfängen in erster Linie für gutes Essen mit kulinarischen Genuss und ein moderates Lebenstempo ein. Je mehr er sich jedoch mit dem Thema beschäftigte, desto wichtiger wurde für ihn auch Umweltschutz und fairer Handel, denn diese sind unerlässliche Grundlagen für eine bäuerliche Landwirtschaft und ein Lebensmittelhandwerk im ursprünglichen Sinne.

Slow Food fördert daher eine verantwortliche Landwirtschaft und Fischerei mit artgerechte Viehhaltung. Außerdem setzt sich Slow Food für das traditionelle Handwerk ein und will die Geschmacksvielfalt der Regionen bewahren. Die Vereinigung versteht sich dazu als Netzwerk, dass Produzenten, Händler und Verbraucher zusammen bringt und weitreichend über Herkunft und Qualität der Lebensmittel informiert.

Entsprechend hat Petrini für die Slow Food-Bewegung drei essentielle Merkmale definiert: „Buono, pulito e giusto“ – für eine gute, saubere und faire Esskultur. Diese drei Merkmale müssen bei Slow Food immer zusammen auftreten. Unter einem „guten“ Lebensmittel wird dabei verstanden, dass das Produkt wohlschmeckend, nahrhaft, frisch und gesundheitlich einwandfrei ist. Darüber hinaus soll es sämtliche Sinne anregen und befriedigen. Ein „sauberes“ Lebensmittel muss so hergestellt worden sein, dass es das ökologische System nicht belastet und Schaden an der Umwelt nimmt. Ein „faires“ Lebensmittel steht für eine ausgeglichene soziale Gerechtigkeit, eine angemessene Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen von der Herstellung bis zum Handel.

Entsprechend dieser Ansprüche geht es bei Slow Food um die Erhaltung der regionalen Küche genauso wie um den Erhalt der Vielfalt regionaler Produkte und um die Ernährungssouveränität“, dem Recht jeder Gemeinschaft auf die selbstständige Entscheidung darüber, was angebaut, erzeugt und gegessen wird.

 

Slow Food grenzt sich damit ganz klar vom globalisierten Fast Food, der industriellen Landwirtschaft und den weltweit agierenden Lebensmittelkonzernen ab, die Nahrung jederzeit in beliebiger Menge produzieren und verfügbar machen, dabei jedoch natürliche Prozesse und Makel komplett ausschalten.

Eine Idee breitet sich aus

Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx hat Slow Food als einen der wichtigsten Trends identifiziert, die zukünftig unsere Ernährung beeinflussen werden.

Erhaltenswerte Vielfalt, hier ist das Auge mit.
Erhaltenswerte Vielfalt, hier ist das Auge mit.

Slow Food-Produkte sind authentisch. Lebensmittel werden auf traditionelle Weise hergestellt, sind regional verankert und werden saisonal genossen. Durch Anbau und Verarbeitung in den Regionen wird die lokale Wirtschaft gestärkt. Darüber hinaus entstehen keine aufwändigen Logistikketten und Transportwege. Auch das saisonale Angebot schont die Umwelt, denn Lebensmittel werden nicht über das gesamte Jahr angeboten, sondern dann, wenn sie wirklich verfügbar sind. Entsprechend entfallen energieintensive Kühlanlagen um bestimmte Obst- und Gemüsesorten ganzjährig anzubieten.

In Deutschland fand die Slow Food-Bewegung recht rasch viele Anhänger – fast verwunderlich, nimmt die Deutschland in Sachen Esskultur im europäischen Vergleich keinen der Spitzenplätze ein. Zugute kam der Slow Food-Bewegung in Deutschland jedoch das ausgeprägte Umweltbewusstsein.

Seit der Formierung der ersten deutschen Slow Food-Gruppe 1992 konnte der Verein bis heute mehr als 13.500 Mitglieder für sich gewinnen. Seit 1996 organisiert sich der Verein in lokalen Gruppen, die durch regionale Genussmärkte und die Slow Food-Messen „Markt des Guten Geschmacks“ in Stuttgart und der „SlowFisch“ in Bremen weiter an Bekanntheit gewinnen konnten. Hinzu kamen vielfältige Projekte, um gutes Essen vielfältig Zugänglich zu machen. So schaffte es der „Ostheimer Leberkäse“ aus der Rhön 2006 in sämtliche Speisewagen der Deutschen Bahn und bewies, dass auch unterwegs einfache und authentische kulinarische Genüsse möglich sind.

Internationale Anerkennung erfuhr darüber hinaus das Projekt „Von der Erde bis zum Teller“ wurde als offizielles Projekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. 2012 wurde das Slow Food-Projekt zur Sinn- und Geschmacksschulung für Kinder in das UNESCO-Programm für nachhaltige Bildung aufgenommen.

„Gut Ding will Weile haben“

„Gut Ding will Weile haben und vortreffliche Sachen werden ohne große Mühe und Arbeit nicht erworben“, so heißt es in Grimmelhausens Schelmenroman „Simplicius Simplicissimus“ und so könnte auch ein Leitspruch von Slow Food lauten. Denn bei jeder Mahlzeit wird täglich neu darüber entschieden, wieviel uns unsere Nahrung wirklich wert ist. Uns so ist was wir Essen ein politischer Akt in einer Überflussgesellschaft mit einer breiten Palette von Lebensmittelanbietern, die vom Bio-Hofladen bis zum Discounter reicht.

Jede Entscheidung, was gegessen wird, ist eng verknüpft mit Politik, Wirtschaft,  Kultur, Bildung, Landwirtschaft, Gesundheit und Umwelt. Daher ist Slow Food auch nicht einfach als Vereinigung der Genießer sondern vielmehr des verantwortungsvollen Konsumenten zu sehen. Ziel ist es, traditionelle, hochwertige und nachhaltige Lebensmittel zu erhalten. Dabei spielt die Biodiversität eine große Rolle, den vielfältige Reglements aber auch die einseitige Vermarktung spezieller Sorten bringen die Vielfalt von Kultur- und Wildpflanzen genauso in Gefahr, wie den Bestand seltener regionaler Tierrassen.

Slow Food widmet sich als Non-Profit-Organisation vielfältigen Themen, die für den Fortbestand, teilweise auch für die Wiederentdeckung der kulinarischen Vielfalt stehen. Mit der „Arche des Geschmacks“ hat Slow Food ein Projekt zur Rettung fast vergessener traditioneller Lebensmittel initiiert. Dabei werden Produkte gezielt bekannt gemacht, denn ohne eine gewisse Bekanntheit ergibt sich keine Nachfrage im markt. Hauptsächlich sind vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen und Nutzpflanzensorten „Passagiere“ der Arche. Aber auch fertig hergestellte Spezialitäten werden katalogisiert, um das traditionelle und kulturelle Erbe zu bewahren.

Das aktuelle und breite Themenspektrum von Slow Food zeigt, dass Lebensmittel auch Mittelpunkt des Lebens sind und eine bedeutende Rolle in nahezu allen Bereichen spielen. So stehen neben den quasi klassischen Slow Food-Themen wie nachhaltiger Fischzucht, Kritik an der Massentierhaltung, Lebensmittelqualität und Transparenz der Inhaltsstoffe auch weltpolitische Themen auf der Agenda. Diese reicht von der Kritik am geplanten Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP über internationale Kampagnen gegen „Land Grabbing“, dem Verkauf von Bauernland an Spekulanten und Großinvestoren bis zum Erhalt von gentechnikfreiem Saatgut.

Gute Lebensmittel sind eine gute und nachhaltige Geldausgabe. Genauso wie wir durch unseren Konsum die Zukunft der Umwelt steuern, ist es auch durch nachhaltige Geldanlagen möglich, Einfluss darauf nehmen, wie unser Geld sozial- und umweltverträglich eingesetzt wird. Dabei gleichen qualitativ hochwertige Investments hochwertigen Lebensmitteln. Beide sind nachhaltig, sind meist langfristig angelegt und versprechen ein positives Ergebnis.

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